Regelmäßiges Entwurmen ist wichtig.
Stimmt das? Leider nein. Regelmäßiges Entwurmen hat sogar Nachteile, wie z. B. hohe, unnötige Belastung der Pferde mit Arzneien und Resistenzen bei den Würmen, gegen die es wirken soll. Die Böden werden durch den hohen Chemikalien-Eintrag ebenfalls belastet. Und eine regelmäßige Entwurmung fördert Resistenzen bei den Parasiten, so dass immer weniger Wurmmittel ausreichend wirken.
Was ist die Alternative?
Viel sinnvoller ist das „selektive Entwurmen“, korrekter gesagt das „zeitgemäße Entwurmen“ von Pferden.
Dieses richtet sich nicht an vorher festgelegten Zeiträumen aus, zu dem alle Pferde einer Herde entwurmt werden, sondern nach dem tatsächlichen Wurmstatus jedes einzelnen Pferdes. Dazu muss natürlich jedes einzelne Pferd individuell entwurmt werden und diese Entwurmung entsprechend dokumentiert werden.
Entwickelt wurde die Methode bereits 1991, fand damals aber, auch aufgrund des Aufwands, mit dem sie verbunden ist, wenig Beachtung. Erst als in Dänemark 1999 ein Gesetz inkraft trat, welches den Einsatz einer Wurmkur erst nach positivem Nachweis eines Befalls mit Parasiten erlaubt und im Zuge dessen auch Holland, Finnland und Italien ähnliche Gesetze erließen, führte man weitere Forschungen zu der selektiven Entwurmung durch.
Der zunehmende Druck durch steigende Resistenzbildung bei den Parasiten tat sein übriges dazu. Und so wurde die selektive Entwurmung weiter erforscht und die Methodik verfeinert. Die Methode basiert auf einer fortlaufenden Überwachung des Wurmstatus jedes einzelnen Pferdes. Es wird nur entwurmt, wenn gesundheitlich beeinträchtigende Mengen aller Parasiten diagnostiziert wurden. Und auch nur bei dem Pferd, wo dieser Befall festgestellt wurde.
Das hat viele Vorteile:
Zum einen senkt es die Belastung der Pferde mit Arzneimitteln. Eine Wurmkur ist kein Sonntagsspaziergang. Auch nicht für die Pferde. Eine Wurmkur belastet den Körper durchaus. Und warum ein Medikament verabreichen, wenn dazu gar keine Notwendigkeit besteht? Bei der selektiven Entwurmung wird nur das Pferd in der Herde entwurmt, das einen signifikanten Wurmbefall aufweist.
Zum anderen verlangsamt ein generell sparsamer eingesetztes Entwurmungs-medikament die auch heute noch weiter ansteigende Resistenzbildung der Parasiten.
Und zu guter Letzt reduzieren sich auch die Kosten für die Entwurmung in erheblichem Maße. Auch dann, wenn die labortechnische Kontrolle Kosten verursacht.
Zu einer sinnvollen selektiven Entwurmung gehören also
- die fortlaufende Überwachung des Wurmstatus jedes einzelnen Pferdes samt Dokumentation
- die Verabreichung einer wirksamen Wurmkur bei entsprechendem Befall
- eine Kontrollprobe nach erfolgter Entwurmung.
Begleitend muss natürlich auch die Hygiene im Stall, auf den Bewegungsflächen (Paddock, Trail) und auch auf der Weide erhöht werden. Tägliches (evtl. mehrfaches) Abäppeln der Flächen versteht sich von selbst. Besonders am Anfang, wenn man das Entwurmungsmanagement auf die selektive Entwurmung umstellt, sollte man auf peinliche Sauberkeit achten. Die Weiden sollten nur noch von den Pferden beweidet werden, die selektiv entwurmt werden.
Wenn man sich für die selektive Entwurmung entscheidet, muss man unbedingt immer den gesamten Bestand nach dieser Methode entwurmen.
Nur so lässt sich der Wurmbefall im Bestand kontrollieren und sinnvoll bekämpfen.
Selektives Entwurmen in drei Schritten.
Damit die Selektive Entwurmung ihren Nutzen voll entfalten kann, sollte folgendes Vorgehen unbedingt eingehalten werden.
Schritt 1
Für jedes einzelne Pferd müssen mindestens vier Mal im Jahr Kotproben gezogen werden. Zu Beginn der Umstellung sollten die ersten beiden Wurmproben innerhalb von 6 - 8 Wochen erfolgen.
Dabei ist es nicht wichtig, dass die Kotproben von allen Pferden am gleichen Tag gezogen werden. Wichtiger ist das eindeutige Zuordnen des Kots zu einem bestimmten Pferd. Die Kotproben können an jedem beliebigen Tag genommen werden.
Schritt 2
Individuelle Entwurmung jedes einzelnen Pferdes. Werte unter 200 Eier pro Gramm Kot (EpG Strongyliden Eier) bedürfen keiner Wurmkur. Ein gänzlich wurmfreies Pferd ist nicht erstrebenswert, denn ein geringfügiger Wurmbefall schadet dem Pferd nicht, sondern stimuliert sogar das Immunsystem. Klettern die Werte über 200 Eier, muss das Pferd wirksam entwurmt werden. Es empfiehlt sich eine Klärung der Resistenzlage auf dem Hof durch den Tierarzt, damit man sich unnötiges Entwurmen mit nicht mehr wirksamen Mitteln erspart.
Schritt 3
Zwei Wochen nach erfolgter Wurmkur muss der Erfolg durch eine weitere Probe überprüft werden. Ggfls. muss nochmals entwurmt werden.
Kotproben korrekt entnehmen.
Sammeln Sie nur frisch gefallenen Kot ( 120 - 150 g) oder lassen Sie die Kotprobe durch den Tierarzt direkt aus dem Enddarm entnehmen. Senden Sie die Probe SOFORT in das Labor.
Es gibt sogar bereits für diese Methodik zertifizierte Tierärzte und Labore. Das Labor muss folgende drei Verfahren anbieten können: Das modifizierte McMaster Verfahren, das kombinierte Sedimentations/Flotationsverfahren und Larvenanzuchten. Bitte bedenken Sie, dass die Verabreichung einer Wurmkur nur durch den Tierarzt erfolgen darf und nur nach erfolgter Untersuchung.
Mit der selektiven Entwurmung wird sinnvolles Parasitenmanagement möglich. Mittelfristig reduzieren Sie so sogar die Kosten für das Entwurmen. Ihre Tiere belasten Sie nicht unnötig, und sie erhalten den Bestand gesund. Ihre Weiden werden nicht kontaminiert und der Wurmdruck insgesamt nimmt ab. Eine gute Entscheidung, die den Aufwand lohnt!