Unsere Verfassungsbeschwerde gegen den Tierarztvorbehalt in Bezug auf homöopathische Arzneimittel §50 TAMG erfolgreich!

 

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Tierarztvorbehalt in bezug auf homöopathische Arzneimittel in § 50 II des neuen Tierarzneimittelgesetz verfassungswidrig ist und gab damit der Beschwerde von Tierheilpraktikerinnen statt. 

 

Maßgeblich für diesen Erfolg war eine Allianz aus Tierheilpraktikerschule, Berufsverband, Juristen und Tierheilpraktikern. Federführend in einer Klage für eines seiner Mitglieder, Frau Myriam Abeillon aus Kleinmachnow, war der FNT e. V., der Fachverband Niedergelassener Tierheilpraktiker. Gemeinsam mit einem  Juristenteam, bestehend aus der Rechtsanwältin Daniela Müller in enger Zusammenarbeit und Beratung mit Dr. Oliver Herrmann von der Tierrechtsakademie und Andrejz Grafe von der ATM (Akademie für Tiernaturheilkunde und Tierphysiotherapie), wurde die Strategie für die - wie sich nun zeigte - erfolgreiche Verfassungsbeschwerde entwickelt.

Nicht nur der Verstoß des §50 Abs. 2 TAMG gegen die Berufsfreiheit (Art. 12. Grundgesetz) wurde gerügt, sondern auch auf die Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2, Abs. 1 GG hingewiesen. 

 

Die Karlsruher RichterInnen hielten den Tierarztvorbehalt bei homöopathischen Arzneimitteln für nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Sie stellten fest, dass Tierheilpraktiker und Tierhomöopathen im Kern ihrer Tätigkeit betroffen seien und dass eine weitere berufliche Tätigkeit auf dem Gebiet der klassischen Homöopathie ganz weitgehend nicht möglich sei. Auch unterstützte das Verfassungsgericht bei dieser Gelegenheit das Anliegen der Berufsverbände, eine Pflicht zum Nachweis von Kenntnissen im Bereich der Tierheilkunde einzuführen. 

Das Verfassungsgericht folgte auch der Begründung der Beschwerdeführer, dass das Gesetz einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit von Tierhalterinnen und Tierhalten, die ihre Tiere klassisch homöopathisch behandeln, nicht gerechtfertigt sei. 

„Mit vereinten Kräften haben wir das geschafft“, so Tatjana Brandes, Vorstandsvorsitzende vom FNT. „Wir haben unsere Fachkompetenzen, unsere Energie und auch unser berufliches Netzwerk zusammengeführt, haben empirische Untersuchungen angestrengt und ausgewertet, haben Arzneimittelhersteller angefragt, uns qualifiziert mit den Stellungnahmen zu der Verfassungsbeschwerde auseinandergesetzt und so mit unserem interdisziplinären Team den Berufsstand unserer Mitglieder verteidigt. Das war sehr viel Arbeit, aber sie hat sich gelohnt!“

 

Seit Jahren sind die Berufsverbände bemüht, den Beruf des Tierheilpraktikers anerkennen zu lassen. Bisher wurden die Anfragen von mehreren Verbänden sowie von Oppositionsparteien bezüglich einer geforderten Regelung für Tierheilpraktiker durch jede Regierung abgeschmettert. Ihrer Meinung nach ist eine Regelung des Berufes nicht notwendig, da die Tätigkeit des Tierheilpraktikers bereits durch verschiedenste Gesetze geregelt ist: das Arzneimittelgesetz (jetzt: das TAMG), das Tierschutzgesetz, das Heilmittelwerbegesetz und das Tierseuchengesetz regeln jedoch in keiner Form die Qualifikation. 

 

Die Bundesregierung ist jedoch bisher immer auch der Meinung gewesen, dass der Beruf des Tierheilpraktikers in Deutschland weiterhin ausgeübt werden soll und durch das Gesetz zur freien Berufswahl auch nicht verboten werden kann.

 

Offenbar hatte man dies jedoch bei dem Tierarztvorbehalt im §50 des neuen Tierarzneimittelgesetz nicht mehr in Erinnerung. Fast 1,5 Jahre lang musste das Team aus FNT, ATM und den Juristen Daniela Müller und Dr. Oliver Herrmann von der Tierrechtsakademie nun für das vertretene Mitglied Myriam Abeillon – und damit für den gesamten Berufsstand kämpfen. Mit Erfolg.

 

Auch ein anderer Berufsverband hatte Mitglieder ins Rennen geschickt und Verfassungsbeschwerde eingereicht. Beiden Beschwerden wurde nun stattgegeben.

 

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. September 2022, Az.: 1 BvR 2380/21, 1 BvR 2449/21






 

Unsere Verfassungsbeschwerde wurde am 7. Dezember vom Verfassungsgericht angenommen

Stolz und erfreut haben wir zur Kenntnis genommenen, dass die von der Tierrechtsanwältin Müller geführte, in Kooperation mit der Tierrechtsakademie und dem Verband der niedergelassenen Tierheilpraktiker, FNT e.V., beratene und erarbeitete Verfassungsbeschwerde von dem Bundesverfassungsgericht zu dem Aktenzeichen1 BvR 2449/21 ernsthaft geprüft wird.

Wir erhielten am 7. Dezember die Mitteilung, daß "...die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf einstweilige Anordnung dem Bundestag, dem Bundesrat, dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dem Bundesministerium der Innern, für Bau und Heimat, dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie allen Länderregierungen zugeleitet und Gelegenheit zur Stellungnahme (...) gegeben wird".

Am 17. Dezember wurden uns die Stellungnahmen der Länder und des BEML übermittelt und um Stellungnahme bis zu 7. Januar gebeten. Diese Stellungsnahme wird von uns bereits erarbeitet und heute fristgerecht dem Gericht vorgelegt.


 

Tierarzneimittelgesetz gefährdet Berufstand der Tierheilpraktiker und Tierheilpraktikerinnen in Deutschland.

Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Wir als  Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT e.V) wollen nicht hinnehmen, dass  der Berufsstand der Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker gefährdet ist und schöpfen im Interesse unserer Mitglieder sämtliche Rechtswegmöglichkeiten aus. Aktuell unterstützen wir die im Namen eines unserer Mitglieder erhobene Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht.

Zum 28.1.2022 soll das am 4. Oktober 2021 verabschiedete neue Tierarzneimittelgesetz (kurz: TAMG) in Kraft treten. Mit dem TAMG setzt der deutsche Gesetzgeber in erster Linie die ebenfalls im Januar 2022 in Kraft tretende EU-Verordnung 2019/6, die Europäische Verordnung über Tierarzneimittel, um.

Innerhalb des verabschiedeten TAMG birgt § 50 TAMG die Gefahr, ganz erhebliche Einschränkungen für den Berufsalltag von Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktikern mit sich zu bringen und diese so in Ihrer Berufsausübung ohne sachliche Rechtfertigung zu beschneiden.

Der Inhalt von § 50 TAMG weitet nach dem Wortlaut der Vorschrift zukünftig den tierärztlichen Vorbehalt auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht für Tiere registriert und zugelassen sind, aus. Das betrifft zum Beispiel viele Homöopathika und bedeutet, dass allein für den Humanbereich registrierte Homöopathika von THP zukünftig nicht ohne tierärztliche Verschreibung und tierärztliche Behandlungsanweisung angewendet werden dürfen.  Vereinfacht ausgedrückt: Nach diesem Paragrafen dürfen bisher verschreibungsfreie Arzneimittel wie homöopathische Mittel nur dann an Tieren angewandt werden, wenn dies ein Tierarzt verordnet hat.

„Die Neuregelung ist völlig unverständlich, steht im Widerspruch zu den Erörterungen anlässlich des ersten Referentenentwurfes des TAMG und führt faktisch zu einem Berufsverbot fast aller Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker“, so Tatjana Brandes, die 1. Vorsitzende. Nach unserer Auffassung geht der deutsche Gesetzgeber hier im Regelungsgehalt anlasslos weiter als dies die  europäische Richtlinie zwingend vorgibt und zeigt Unkenntnis des deutschen Arzneimittelmarktes.

In einer vom FNT e.V. dazu vorgenommenen Mitgliederbefragung haben fast 90 % ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass sie durch diese Regelung in ihrer beruflichen Existenz gefährdet seien.  Vor diesem Hintergrund sieht der Verband sich zum Handeln berufen.

Rechtlich beraten und begleitet wird der FNT e.V.  und seine Mitglieder in den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht durch die Bielefelder Rechtsanwältin Daniela Müller und Herrn Dr. jur. Oliver Herrmann von der Bielefelder Tierrechtsakademie. Von Ihnen sind die Verfassungsbeschwerden und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung inhaltlich vorbereitet und eingereicht worden.

„Mit der Neuregelung wird massiv in die Berufsfreiheit von Tierheilpraktikern eingegriffen. Auch liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn ich für mein Kind ein homöopathisches Mittel anwenden darf, allerdings für meinen Hund nicht. Ziel ist, dass der § 50 TAMG erst gar nicht im Januar in Kraft treten wird. “, so Dr. Oliver Herrmann von der Tierrechtsakademie.

„Ich mache mir große Sorgen, zum einen um den Berufsstand der Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktiker in Deutschland. Aber auch um die vielen chronisch kranken Tiere, denen zukünftig nicht mehr mit ganzheitlichen Naturheilverfahren geholfen werden könnte.“, so Andrzej Grafe, 2. Vorsitzender des FNT und Geschäftsführer der ATM (Akademie für Tiernaturheilkunde). „Die neue gesetzliche Regelung widerspricht zudem der gesellschaftlichen Notwendigkeit im Zeitalter von Antibiotikaresistenzen alternative Tierbehandlungen zu fördern“, führt Herr Grafe weiter aus. Er sieht es daher für Berufstand als unerlässlich an, dem TAMG entgegenzutreten.

„Insbesondere der durch § 50 TAMG neu eingeführte tierärztliche Vorbehalt für die Anwendung homöopathischer Arzneimittel aus dem Humanbereich am Tier scheint nicht sachgerecht. Dem Gesetzgeber hätten mildere Mittel zur Verfügung gestanden, die nach unserer Überzeugung in gleicher Weise Tierwohl und Arzneimittelsicherheit hätten gewährleisten können“, führt Rechtsanwältin Daniela Müller aus und gibt schließlich zu bedenken, dass der Gesetzgeber hier mit dem TAMG zudem abermals die Chance verpasst hat, den Berufsstand der Tierheilpraktiker anzuerkennen und berufliche Mindeststandards zu etablieren.

 Wir sind es unserem Berufstand und Mitgliedern schuldig, alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um dem TAMG in der verkündeten Fassung entgegenzutreten und das werden wir auch tun. Wir gehen davon aus, dass auch andere Verbände und Betroffene Vergleichbares veranlassen. Wir wünschen jedem Antrag Erfolg.

Es bleibt nun abzuwarten, wie das höchste deutsche Gericht die eingelegte Verfassungsbeschwerde bewertet.

 

Elmshorn, den 17.11.2021

Bei gemeinsamen Treffen haben der Großteil der Tierheilpraktikerverbände sich auf ein gemeinsam erarbeitetes Berufsbild geeinigt.

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